Die digitale Transformation führt zu einem explosionsartigen Wachstum der Touchpoints, an denen Kunden mit Unternehmen und Brands in Berührung kommen. Zudem, und dies die grosse Gefahr der heutigen Zeit, werden Inhalte immer flüchtiger, was einen enormen Anspruch ans Content-Marketing schafft, und die Erwartung der (möglichen) Kundinnen und Kunden an passgenaue Kommunikation steigen lässt. Doch denken wir oft zu technisch, statt die Sache vom Menschen her anzuschauen.
Betrachten wir mal die Wirtschaft: Zwei Drittel der Interaktion werden heute durch den Kunden selber ausgelöst und nicht durch die Marketing-Organisation (Quelle: Die Illusion der Kundenzentrierung, Andreas Heiz, SAS, & Björn Bloching, Roland Berger). Früher, ja die guten alten Zeiten, war Markenmanagement viel einfacher: Wir haben eine Zielgruppe bestimmt, haben alles linear und zeitlich auf einander abgestimmt und Bowling gespielt. In der festen, professionellen Überzeugung möglichst viele Kegeln zu treffen. Und tatsächlich, es hat damals gut funktioniert, wir haben die Zielgruppe erreicht.
Heute ändert sich das Spiel
Es gilt die Kundinnen und Kunden in die Prozesse einzubinden, Engagement führt zum Erfolg. Es geht also vordergründig nicht mehr darum, ihnen etwas zu verkaufen, was bei Millennials und Gen-Z sogar kontraproduktiv sein kann, sondern das Zielpublikum anzuziehen und durch Interaktion zu binden. Doch Interaktion alleine wird niemandem was bringen, die Story verknüpft mit den Werten des Brands oder der Unternehmung muss stimmen (Storytelling und die Relevanz …), erst dann erwischen wir den inneren Antrieb, der den Menschen zu einem Kauf oder einer Entscheidung veranlasst. Wir schiessen zwar die Kugel, die Interaktion kommt aber dann von den Kundinnen und Kunden selber. Teilen sie die Werte, möchten sie Teil der Geschichte sein, die in diesem Moment geschrieben wird. Heiz und Bloching betonen «Erfolgreiche Markenbildung basiert deshalb nicht mehr auf Kampagnen, sondern ausschliesslich auf anhaltender Interaktion mit Kunden». Basierend auf Transparenz, Authentizität, Teilhabe, Personalisierung, kontinuierlichem Engagement.
Customer Journeys und Touchpoint Marketing?
Schaffen wir es den Kunden, die Kundin in so ein enges Korsett zu stecken? Die genauen Abläufe festzuhalten, die ein Customer zu reisen hat? Oft unter der Prämisse, dass wir vorgeben, was er/sie zu tun hat. In der Zeit, wo die Kund*innen ihren Weg immer mehr selber bestimmen. Da werden sehr sophisticated Welcome Journeys entwickelt, bei denen erstaunt festgestellt wird, dass der Unterschied zur Referenzgruppe gleich null ist. Wie stark wir das Geflecht von Wegen und Irrwegen in der immer komplexeren Omnichannel Welt tatsächlich bestimmen können, bleibt fraglich. «Da dürfen wir die ökonomische Vernunft nicht aus den Augen lassen», so Heiz und Bloching.
«78% der befragten Marketeer nutzen heute ihre Daten systematisch, mehr als doppelt so viele wie noch 2013»
Andreas Heiz, SAS, und Björn Bloching, Roland Berger